Langzeitaufenthalte in Schwerelosigkeit stellen außergewöhnliche Herausforderungen an die menschliche Leistungsfähigkeit dar. Bislang standen die rein physiologischen Auswirkungen der Schwerelosigkeit wie Muskelschwund, Abnahme der Knochendichte und Veränderungen auf zerebraler Ebene im Vordergrund. Zunehmend im Fokus des wissenschaftlichen Interesses stehen nunmehr, da auch längerfristige Aufenthalte in Schwerelosigkeit wie beispielsweise eine Reise zum Mars geplant sind, psychosoziale Probleme bedingt durch das eingeschränkte Umgebungsfeld sowie die soziale Isolation. Mit der geplanten Untersuchung MARS500, die unter völliger Isolation von sechs Individuen eine Reise zum Mars simuliert, sollen erstmals im großen Umfang die Auswirkungen längerer Isolation auf physiologische, psychologische und soziale Parameter erfasst werden.
Schon seit langem sind die positiven Auswirkungen regelmäßiger sportlicher Aktivität auf die allgemeine körperliche, psychische und seelische Befindlichkeit bekannt. In den letzten Jahren wurde verstärkt im Bereich der Effekte von sportlicher Aktivität auf kognitive und emotionale Parameter sowie deren zugrundeliegenden neurophysiologischen Korrelate geforscht. Hier konnten wir erfolgreich zeigen, dass es bedingt durch ein moderates Ausdauerprogramm zu einer Abnahme präfrontaler Kortexaktivität bei gleichzeitiger Verbesserung der körperlichen Befindlichkeit und Verbesserung der kognitiven Leistungsfähigkeit kommt. Beides Parameter, die für die Sicherheit und den Erfolg einer Langzeitmission von großer Bedeutung sind.
In diesem Vorhaben sollen erstmals die neurophysiologischen, neuropsychologischen und neurokognitiven Auswirkungen veränderter Schwerkraftbedingungen in der Humanzentrifuge sowie im Parabelflug erforscht werden. Ziel ist es, etwaige Einbußen genau zu benennen, deren neurophysiologischen Korrelate aufzuzeigen und schließlich zu bestimmen, ob eine durch künstlich erzeugte Schwerkraft, mit einer moderaten Ausdauerbelastung zu vergleichen ist und ob die zu beobachtende Aktivierung des Kreislaufsystems zu ähnlichen Veränderungen auch neurophysiologischer und neurokognitiver Parameter führt.
Innerhalb des Vorhabens soll die Auswirkung veränderter Schwerkraftbedingungen (erhöhte Schwerkraft: Humanzentrifuge; verringerte Schwerkraft: Parabelflug) auf frontale Kortexaktivität unter besonderer Beachtung der Auswirkungen auf die kognitive Leistungsfähigkeit und die psychische Befindlichkeit untersucht werden. Eine Deaktivierung präfrontaler Kortexareale durch körperliche Aktivität mit positiven Implikationen für die kognitive Leistungsfähigkeit und das allgemeine Wohlbefinden wurde bereits zuvor gezeigt.
Der Einsatz eines wissenschaftlich fundierten Auswerteverfahrens zur dreidimensionalen Lokalisation kortikozerebraler Aktivität aufgrund von EEG-Aktivität soll helfen, die Veränderungen, die sich in Motivation, Stimmungslage und kognitiver Leistungsfähigkeit zeigen, auch in Veränderungen und Anpassung des Gehirns zu dokumentieren.
Wir erwarten, das negativen Auswirkungen der Schwerelosigkeit, durch eine gezielte körperliche Aktivierung mithilfe künstlicher Schwerkraft entgegengewirkt werden kann. Die Ergebnisse werden maßgeblich auch zur Entwicklung neuer und alternativer Behandlungsmethoden neurologischer Erkrankungen beitragen.