Abstract
Die direkten Konsequenzen von Stürzen älterer Menschen sind bisher nicht ausreichend untersucht. Es ist unklar, welche Reaktionen direkt nach dem Aufprall eines Sturzes ausgelöst werden. Bekannt ist, dass jährlich tausende Fälle auftreten, in denen ältere Menschen nach einem Sturz auf dem Boden liegen, weil sie nicht mehr aufstehen können. Beim Ausbleiben von Hilfe durch andere Personen kann das zu höchst belastenden körperlichen und psychischen Erfahrungen führen, die im Englischen als “long-lies“, also lange Liegephasen bezeichnet werden und teilweise tödlich enden. Die Erkennung und Prävention des langen Liegens nach Stürzen stellt daher eine wichtige Aufgabe für die Gesundheitsvorsorge und medizinischen Versorgung dar. Bewegungssensoren können bei der Detektion und Prävention von Sturzereignissen hilfreich sein, jedoch sind die bestehenden Algorithmen noch nicht ausreichend sensitiv und spezifisch in der Erkennung. Darüber hinaus wurde in die zugrundeliegenden Sturzmodelle und Definitionen das Liegen oder Aufstehen nach dem Sturzereignis bisher nicht mit einbezogen. Ein vielversprechender Ansatz zur Entwicklung ausgereifterer Methoden zur Erkennung und Prävention langer Liegephasen nach Stürzen könnte die Analyse der Aufstehbewegung vom Boden sein. Bisher gibt es allerdings nur wenige Ansätze zur Beschreibung des Aufstehens und es wurde keine systematische kinematische Analyse durchgeführt. Die vorliegende Dissertation hat sich daher zum Ziel gesetzt, Bewegungsmuster während des Aufstehens vom Boden zu analysieren um ein Sequenz Modell zu generieren, das als Referenz für eine anschließende kinematische Analyse des Aufstehens nach Stürzen mit tragbaren Sensoren dient. Der Sensor Ansatz soll dabei helfen, Charakteristika von Stürzen mit erfolgreicher oder nicht erfolgreicher anschließender Aufstehbewegung zu verstehen und eine Basis zur automatisierten Analyse von Stürzen und deren Konsequenzen zu entwickeln.
Dazu wurde zunächst eine systematische Literaturauswertung durchgeführt, um Methoden der Sturzdetektion mit tragbaren Sensoren zu analysieren. Die Auswertung ergab, dass die verwendeten Sturzdefinitionen sehr uneinheitlich waren und die Sturzmodelle stark vereinfacht wurden ohne dabei Informationen über das Liegen auf dem Boden oder das Aufstehen danach in Betracht zu ziehen. Diese Erkenntnisse trugen dazu bei, einen Konsensprozess bzgl. eines modifizierten Sturzmodells, das die Liege- und Aufstehphase mit einbezieht, zu initiieren.
Basierend auf diesem Prozess wurde ein modifiziertes Sturzmodell publiziert. Dieses Modell enthielt sowohl eine Liege-, als auch eine Aufstehphase nach dem Aufprall des Sturzes.
In einem nächsten Schritt wurden Videoanalysen durchgeführt, um häufig auftretende Bewegungsmuster während des Aufstehens vom Boden bei gesunden jüngeren und älteren Erwachsenen ohne körperliche Einschränkungen zu analysieren. Aus den Beobachtungen ließ sich ein Bewegungssequenz-Modell mit einzelnen Aufstehphasen ableiten. Das Sequenz- Modell und die zugrundeliegenden Bewegungsmuster dienten als Referenz für die weitere kinematische Analyse des Aufstehens anhand am Körper getragener Bewegungssensoren. Die Sensor-basierte Analyse zeigte, dass temporale und kinematische Parameter, wie z.B. die Transfergeschwindigkeit, Winkelgeschwindigkeit und vertikale Beschleunigung bei der Beurteilung des Aufstehvorgangs helfen können.
Die temporale und kinematische Analyse der Aufstehmuster wurde in einem weiteren Schritt auf reale Stürzen angewendet, die mit tragbaren Sensoren aufgezeichnet wurden. Die Analyse von 77 verifizierten Stürzen zeigte, dass Stürze mit und ohne Liegephase, sowie erfolgreicher Aufstehbewegung und nicht erfolgreicher Aufstehbewegung durch Beschleunigungs- und Orientierungsdaten unterschieden werden können. Die Bewegungsmuster unterschieden sich signifikant hinsichtlich des Verlaufs des Beugungswinkels im Oberkörper. Ein zeitlicher Grenzwert zur Unterscheidung erfolgreicher und nicht erfolgreicher Aufstehversuche nach den Stürzen hat sich bei rund 25 Sekunden ergeben. Dieser Richtwert kann nützlich sein, um die Funktionalität von Sturzdetektionsalgorithmen und automatisierten Notrufsystemen zu verbessern und die Akzeptanz dadurch zu steigern. Zusammengefasst hat die vorliegende Arbeit einen Beitrag dazu geleistet, den Umgang mit Stürzen mit langen Liegephasen zu verbessern.
Dazu wurde zunächst eine systematische Literaturauswertung durchgeführt, um Methoden der Sturzdetektion mit tragbaren Sensoren zu analysieren. Die Auswertung ergab, dass die verwendeten Sturzdefinitionen sehr uneinheitlich waren und die Sturzmodelle stark vereinfacht wurden ohne dabei Informationen über das Liegen auf dem Boden oder das Aufstehen danach in Betracht zu ziehen. Diese Erkenntnisse trugen dazu bei, einen Konsensprozess bzgl. eines modifizierten Sturzmodells, das die Liege- und Aufstehphase mit einbezieht, zu initiieren.
Basierend auf diesem Prozess wurde ein modifiziertes Sturzmodell publiziert. Dieses Modell enthielt sowohl eine Liege-, als auch eine Aufstehphase nach dem Aufprall des Sturzes.
In einem nächsten Schritt wurden Videoanalysen durchgeführt, um häufig auftretende Bewegungsmuster während des Aufstehens vom Boden bei gesunden jüngeren und älteren Erwachsenen ohne körperliche Einschränkungen zu analysieren. Aus den Beobachtungen ließ sich ein Bewegungssequenz-Modell mit einzelnen Aufstehphasen ableiten. Das Sequenz- Modell und die zugrundeliegenden Bewegungsmuster dienten als Referenz für die weitere kinematische Analyse des Aufstehens anhand am Körper getragener Bewegungssensoren. Die Sensor-basierte Analyse zeigte, dass temporale und kinematische Parameter, wie z.B. die Transfergeschwindigkeit, Winkelgeschwindigkeit und vertikale Beschleunigung bei der Beurteilung des Aufstehvorgangs helfen können.
Die temporale und kinematische Analyse der Aufstehmuster wurde in einem weiteren Schritt auf reale Stürzen angewendet, die mit tragbaren Sensoren aufgezeichnet wurden. Die Analyse von 77 verifizierten Stürzen zeigte, dass Stürze mit und ohne Liegephase, sowie erfolgreicher Aufstehbewegung und nicht erfolgreicher Aufstehbewegung durch Beschleunigungs- und Orientierungsdaten unterschieden werden können. Die Bewegungsmuster unterschieden sich signifikant hinsichtlich des Verlaufs des Beugungswinkels im Oberkörper. Ein zeitlicher Grenzwert zur Unterscheidung erfolgreicher und nicht erfolgreicher Aufstehversuche nach den Stürzen hat sich bei rund 25 Sekunden ergeben. Dieser Richtwert kann nützlich sein, um die Funktionalität von Sturzdetektionsalgorithmen und automatisierten Notrufsystemen zu verbessern und die Akzeptanz dadurch zu steigern. Zusammengefasst hat die vorliegende Arbeit einen Beitrag dazu geleistet, den Umgang mit Stürzen mit langen Liegephasen zu verbessern.
Originalsprache | Deutsch |
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Erscheinungsort | Köln |
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Verlag | Deutsche Sporthochschule Köln |
Seitenumfang | 68 |
Publikationsstatus | Veröffentlicht - 2019 |