Der Einfluss von Sojaisoflavonen auf hormonabhängige Organe - tierexperimentelle Studien im Modell der weiblichen Wistar Ratte

Tina Blei

Publikation: Buch/BerichtDissertationsschrift

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Abstract

Zusammenfassung
Bisherige epidemiologische Studien zeigen, dass ein erhöhter Sojakonsum mit einem verringerten Brustkrebsrisiko verbunden ist. So liegt die Inzidenz von Brustkrebs in asiatischen Ländern rund dreimal niedriger als in westlichen Ländern. Dies wird auf die traditionell asiatische Ernährungsweise zurückgeführt, die durch eine hohe Aufnahme von Soja und Sojaprodukten charakterisiert ist. Studien belegen, dass die darin enthaltenen Isoflavone Genistein, Daidzein und Glycitein, aufgrund ihrer strukturellen Ähnlichkeit mit 17β-Estradiol und dem damit verbundenen estrogenen Wirkpotential in Zusammenhang mit einer Reihe positiver als auch negativer Wirkungen auf die Gesundheit des Menschen stehen. Ziel der vorliegenden Dissertation war es mittels tierexperimenteller Studien zu untersuchen, welchen Einfluss die Dosis, der Expositionszeitraum und ein erhöhter Fettanteil in der Nahrung auf die Wirkung der Isoflavone im weiblichen Organismus, im Speziellen auf die Brustdrüse ausüben.
Für die Beantwortung dieser Fragen wurden 3 Tierversuche (TV) in der weiblichen Wistar- Ratte durchgeführt. Für die Untersuchung einer Dosisabhängigkeit wurden im ersten Tierversuch (TV I) die Tiere lebenslang entweder mit einer isoflavonfreien Diät (IDD) oder einer isoflavonreichen Diät in zwei unterschiedlichen Konzentrationen (IRD50 mit 69 ppm und IRD400 mit 506ppm IF-Aglkyon-Äquivalent) gefüttert, um eine asiatische Ernährungsgewohnheit zu simulieren. Es wurden entwicklungsbiologisch relevante Parameter (Pubertätseintritt, Menstruationszyklus, Körpergewichtsentwicklung), nicht-klassisch estrogensensitive Gewebe (viszerale Fettmasse) und klassisch estrogensensitive Gewebe (Uterus und Vagina) in 80 Tage alten (PND 80) intakten Tieren und ovarektomierten Tieren am PND97 untersucht. Ebenfalls wurde die proliferative (PCNA) und estrogene (PR) Aktivität der Brustdrüse immunhistologisch untersucht. Für die Untersuchung der Estrogensensitivität in der Brustdrüse wurde ein Uterotropher Assay durchgeführt. Hierfür wurden die Tiere am PND80 ovarektomiert und nach einem zweiwöchigen hormonal decline anschließend für 3 Tage mit 4 μg/kg KGW/d 17β-Estradiol (E2) oder Kontrolllösung (OVX) behandelt. Für die Untersuchung des Einflusses des Expositionszeitraumes, erhielten Tiere in TV II zum Zeitpunkt der Ovarektomie (PND80) für 17 Tage entweder die IDD oder die IRD400. Erneut wurde die Responsivität der Brustdrüse im Rahmen eines Uterotrophen Assays untersucht. Inwiefern sich ein erhöhter Anteil an Nahrungsfett auf den Organismus und die Wirkung von Isoflavonen auswirkt, wurde in einem dritten TV (TV III) untersucht. Hierfür wurde der IDD und IRD400 eine zusätzliche Fettquelle in Form von Sonnenblumenöl
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zugefügt (40 kJ% Energie aus Fett; IDD HF, IRD HF). Zu der lebenslangen Exposition mit einer der beiden fettarmen Diäten (9 kJ% Energie aus Fett; IDD LF, IRD LF) erfolgte am PND21 für je einen Teil der Tiere der Futterwechsel auf das entsprechende HF-Futter. Es erfolgte die Analyse der gleichen Gruppen und Parameter wie zuvor in TV I beschrieben.
Die Ergebnisse aus den ersten beiden Tierversuchen zeigen einen deutlichen Einfluss sowohl der Dosis als auch des Expositionszeitraumes auf die Wirkung von Isoflavonen. In TV I konnte gezeigt werden, dass eine lebenslange hohe Isoflavonexposition (IRD400) in E2- behandelten Tieren zu einer verringerten proliferativen Antwort und Estrogensensitivität in der Brustdrüse führt. Die veränderte Ansprechbarkeit der Brustdrüse auf E2 könnte demnach die Ursache für das verringerte Brustkrebsrisiko in asiatischen Frauen sein und den protektiven Effekt seitens der Isoflavone erklären. Interessanterweise konnte dies nicht für die geringe Isoflavondosis (IRD50) gezeigt werden. Fand die Substitution von hochdosierten Isoflavonen akut für einen kurzen Zeitraum nach der Ovarektomie statt (TV II), so reagiert die Brustdrüse mit einer erhöhten estrogenen Antwort gekoppelt an eine erhöhte Proliferation. Diese Exposition simulierte die Aufnahme von Isoflavonen in der postmenopausalen Frau und unterstreicht die Relevanz des Expositionszeitraums. Der steigende Isoflavon-Konsum bei postmenopausalen Frauen und damit die Verwendung von Nahrungsergänzungsmitteln auf Soja-Basis sind daher kritisch zu betrachten. Hinzu kommt, dass eine lebenslange Isoflavongabe zu einem früheren Pubertätseintritt in Kombination mit einem verkürzten Zyklus führte (TV I), was einen Hinweis auf unerwünschte Nebeneffekte auf das Reproduktionssystem liefert. Eine frühe Menarche und ein kurzer Menstruationszyklus in der Frau führen zu einer erhöhten Lebenszeitexposition mit Estrogen, das einen kritischen Risikofaktor bei der Brustkrebsentstehung darstellt. Die Abschätzung des gesundheitlichen Nutzens der Einnahme von Isoflavonen ist demnach nur unter einer sehr differenzierten Betrachtungsweise möglich und schließt eine Vielzahl von Faktoren ein, die berücksichtigt werden müssen. Interessanterweise zeigte sich die Wirkung von Isoflavonen durch einen erhöhten Fettanteil in der Nahrung unberührt (TV III). Hier konnte sich keine veränderte Proliferation in der Brustdrüse durch die Substitution mit Fett (HF) feststellen lassen. Einen interessanten Nebenaspekt stellten die erhöhten HDL-Serumspiegel in intakten Tieren durch die IRD dar. So gibt dies Hinweise auf einen potentiell protektiven Effekt der Isoflavone auf den Fettstoffwechsel, der möglicherweise für die Entwicklung neuer therapeutischer Ansätze bei der Prävention von Adipositas und Arteriosklerose genutzt werden könnte.

OriginalspracheDeutsch
ErscheinungsortKöln
VerlagDeutsche Sporthochschule Köln
Seitenumfang145
PublikationsstatusVeröffentlicht - 2014

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