TY - BOOK
T1 - Interventionseffekte auf die Anthropometrie, psychischen Auffälligkeiten und die allgemeine psychische Belastung bei adipösen Kindern und Jugendlichen
AU - Kayser, Roland
PY - 2012
Y1 - 2012
N2 - Einleitung: Neben körperlichen Folgeerkrankungen geht eine juvenile Adipositas nicht selten auch mit psychischen Störungen einher. Mit zunehmendem Gewicht steigt das Risiko, psychische Auffälligkeiten zu entwickeln (Puhl & Brownell 2003). Im Rahmen der vorliegenden Untersuchung an adipösen Kindern und Jugendlichen wurde die Wirksamkeit eines ambulanten interdisziplinären Interventionsprogramms - FITOC und FITOC-MAXI - auf die Anthropometrie, psychischen Auffälligkeiten und die allgemeine psychische Belastung überprüft. Methodik: 84 Kinder und Jugendliche der Interventionsgruppe wurden zu Beginn (T0), nach Beendigung des Programms (T1) und sechs Monate nach Beendigung der Maßnahme (T2) untersucht. Als Kontrollgruppe (KG: n = 38) dienten adipöse Kinder und Jugendliche der Warteliste, die zu T0 und T1 untersucht wurden. Neben der Bestimmung der anthropometrischen Daten wurde die Child Behavior Checklist/4-18 (CBCL/4-18) zur Erfassung der psychischen Auffälligkeiten und der allgemeinen psychischen Belastung eingesetzt sowie zusätzlich die Youth Self Report/11-18 (YSR/11-18; nur IG), die Teacher’s Report Form (TRF; nur IG) und das Depressionsinventar für Kinder und Jugendliche (DIKJ; nur IG). Ergebnisse: Zu Untersuchungsbeginn (T0) waren die Kinder und Jugendlichen der IG durchschnittlich 12,0 ± 2,5 Jahre alt, 156,4 ± 13,7 cm groß und 72,5 ± 19,9 kg schwer. Zum gleichen Zeitpunkt waren die Kinder und Jugendliche der KG durchschnittlich 11,7 ± 2,8 Jahre alt, waren 154,5 ± 15,2 cm groß und wogen durchschnittlich 70,6 ± 23,7 kg. Bei den untersuchten Parametern lagen zu Untersuchungsbeginn keine geschlechtsspezifischen Unterschiede vor. Der BMI-SDS der IG konnte von T0 (2,42 ± 0,42) zu T1 auf 2,24 ± 0,49 gesenkt (p ≤ 0,001) und 6 Monate nach Behandlungsende (T2) stabilisiert werden. In der KG (T0: 2,43 ± 0,49) zeigte sich nach einem Jahr (T1) keine signifikante Veränderung. In der IG lagen psychische Auffälligkeiten zu T0 in der CBCL/4-18 bei 28,1 % (KG: n.s.), in der YSR/11-18 bei 12,0 % und in der TRF bei 27,0 %. Nach einem Jahr (T1) konnten in der IG die psychischen Auffälligkeiten sowohl in der Einschätzung der Eltern (14,9 %), als auch in der Selbsteinschätzung (2,9 %) und in der Therapeuteneinschätzung (4,7 %) signifikant (p ≤ 0,001) gesenkt werden. 6 Monate nach Beendigung der Intervention (T2) betrugen die Prävalenzen psychischer Auffälligkeiten in der YSR/11-18 12,0 % (T0 zu T2: n.s) und in der CBCL/4-18 15,0 % (T0 zu T2: p ≤ 0,001). In der KG lag die Prävalenzrate psychischer Auffälligkeiten zu T0 bei 31,8 % und erhöhte sich nach einem Jahr signifikant auf 38,1 % (p ≤ 0,001). Bezogen auf Depression lag diese bei 19,0 % der Jugendlichen in der IG vor und konnte nach einem Jahr (T1) nicht mehr nachgewiesen (p ≤ 0,001) werden. 6 Monate nach der Behandlung lag die Prävalenz der Depression bei 7,7 % (T0 zu T2: n.s.). Der Mittelwert des DIKJ als Ausdruck der depressiven Gesamtsymptomatik (T0: T-Wert: 48,6 ± 13,6) konnte sowohl zu T1 (T-Wert: 42,3 ± 12,1; p ≤ 0,001) als auch zu T2 (T-Wert: 45,6 ± 10,5; p = 0,021) signifikant gesenkt werden. Die allgemeine psychische Belastung konnte aus Sicht der Eltern in der Interventionsgruppe im Gegensatz zur Kontrollgruppe (T0: T-Wert 55; T1: T-Wert 59; n.s.) signifikant von T0 (T-Wert 59) zu T1 (T-Wert 54) gesenkt werden (p ≤ 0,001). Die Veränderung der allgemeinen psychischen Belastung von Untersuchungsbeginn (T0) bis 6 Monate nach der Intervention (T2: T-Wert 56; T0 zu T2: n.s.) war nicht signifikant. Die allgemeine psychische Belastung in der Einschätzung der Therapeuten und Jugendlichen konnte signifikant von T0 (Therapeuten und Jugendliche: T-Wert 55) zu T1 (Therapeuten: T-Wert 51; Jugendliche: T-Wert 50) gesenkt werden (p ≤ 0,001). 6 Monate nach Ende des Programms erhöhte sich in der Selbsteinschätzung der Jugendlichen die allgemeine psychische Belastung wieder (T2: T-Wert 51; T0 zu T2: n.s.). Die Veränderung der allgemeinen psychischen Belastung in der Selbsteinschätzung der Jugendlichen der IG war nicht signifikant. Im Rahmen der Regressionsanalyse zeigte sich, dass eine Gewichtsreduktion von T0 (2,42 ± 0,42) zu T1 (2,24 ± 0,49) zu deutlichen Verbesserungen (p = 0,004) in den Syndromskalen der CBCL/4-18 führte. Je mehr die Kinder und Jugendlichen abnahmen, umso deutlicher verbesserten sie sich in den Syndromskalen der CBCL/4-18. Diskussion: Insgesamt konnte gezeigt werden, dass durch eine interdisziplinäre Intervention mit psychologischer Betreuung bei adipösen Kindern und Jugendlichen der BMI-SDS sowie die Prävalenzraten psychischer Auffälligkeiten und die allgemeine psychischen Belastung gesenkt werden können. Nach der Intervention zeigten sich signifikante Reduzierungen in den Bereichen ‚sozialer Rückzug’, ‚ängstlich/depressiv’ und ‚soziale Probleme’. Die Jugendlichen selbst sehen jedoch deutlich weniger Veränderungen als Therapeuten und Eltern. Auch sechs Monate nach Behandlungsende zeigte sich bei den Jugendlichen weiterhin eine Reduktion depressiver Symptome und aus Sicht der Eltern eine Reduzierung psychischer Auffälligkeiten. Damit scheinen die adipösen Kinder und Jugendlichen die erlernten Copingstrategien auch über das Programmende hinaus aus Sicht der Eltern deutlicher umzusetzen als sie das selbst erleben. Eine längerfristigere Anbindung an die Behandlungseinrichtung erscheint sinnvoll damit auch die Kinder und Jugendlichen über die Intervention hinaus von der Reduktion psychischer Auffälligkeiten profitieren können.
AB - Einleitung: Neben körperlichen Folgeerkrankungen geht eine juvenile Adipositas nicht selten auch mit psychischen Störungen einher. Mit zunehmendem Gewicht steigt das Risiko, psychische Auffälligkeiten zu entwickeln (Puhl & Brownell 2003). Im Rahmen der vorliegenden Untersuchung an adipösen Kindern und Jugendlichen wurde die Wirksamkeit eines ambulanten interdisziplinären Interventionsprogramms - FITOC und FITOC-MAXI - auf die Anthropometrie, psychischen Auffälligkeiten und die allgemeine psychische Belastung überprüft. Methodik: 84 Kinder und Jugendliche der Interventionsgruppe wurden zu Beginn (T0), nach Beendigung des Programms (T1) und sechs Monate nach Beendigung der Maßnahme (T2) untersucht. Als Kontrollgruppe (KG: n = 38) dienten adipöse Kinder und Jugendliche der Warteliste, die zu T0 und T1 untersucht wurden. Neben der Bestimmung der anthropometrischen Daten wurde die Child Behavior Checklist/4-18 (CBCL/4-18) zur Erfassung der psychischen Auffälligkeiten und der allgemeinen psychischen Belastung eingesetzt sowie zusätzlich die Youth Self Report/11-18 (YSR/11-18; nur IG), die Teacher’s Report Form (TRF; nur IG) und das Depressionsinventar für Kinder und Jugendliche (DIKJ; nur IG). Ergebnisse: Zu Untersuchungsbeginn (T0) waren die Kinder und Jugendlichen der IG durchschnittlich 12,0 ± 2,5 Jahre alt, 156,4 ± 13,7 cm groß und 72,5 ± 19,9 kg schwer. Zum gleichen Zeitpunkt waren die Kinder und Jugendliche der KG durchschnittlich 11,7 ± 2,8 Jahre alt, waren 154,5 ± 15,2 cm groß und wogen durchschnittlich 70,6 ± 23,7 kg. Bei den untersuchten Parametern lagen zu Untersuchungsbeginn keine geschlechtsspezifischen Unterschiede vor. Der BMI-SDS der IG konnte von T0 (2,42 ± 0,42) zu T1 auf 2,24 ± 0,49 gesenkt (p ≤ 0,001) und 6 Monate nach Behandlungsende (T2) stabilisiert werden. In der KG (T0: 2,43 ± 0,49) zeigte sich nach einem Jahr (T1) keine signifikante Veränderung. In der IG lagen psychische Auffälligkeiten zu T0 in der CBCL/4-18 bei 28,1 % (KG: n.s.), in der YSR/11-18 bei 12,0 % und in der TRF bei 27,0 %. Nach einem Jahr (T1) konnten in der IG die psychischen Auffälligkeiten sowohl in der Einschätzung der Eltern (14,9 %), als auch in der Selbsteinschätzung (2,9 %) und in der Therapeuteneinschätzung (4,7 %) signifikant (p ≤ 0,001) gesenkt werden. 6 Monate nach Beendigung der Intervention (T2) betrugen die Prävalenzen psychischer Auffälligkeiten in der YSR/11-18 12,0 % (T0 zu T2: n.s) und in der CBCL/4-18 15,0 % (T0 zu T2: p ≤ 0,001). In der KG lag die Prävalenzrate psychischer Auffälligkeiten zu T0 bei 31,8 % und erhöhte sich nach einem Jahr signifikant auf 38,1 % (p ≤ 0,001). Bezogen auf Depression lag diese bei 19,0 % der Jugendlichen in der IG vor und konnte nach einem Jahr (T1) nicht mehr nachgewiesen (p ≤ 0,001) werden. 6 Monate nach der Behandlung lag die Prävalenz der Depression bei 7,7 % (T0 zu T2: n.s.). Der Mittelwert des DIKJ als Ausdruck der depressiven Gesamtsymptomatik (T0: T-Wert: 48,6 ± 13,6) konnte sowohl zu T1 (T-Wert: 42,3 ± 12,1; p ≤ 0,001) als auch zu T2 (T-Wert: 45,6 ± 10,5; p = 0,021) signifikant gesenkt werden. Die allgemeine psychische Belastung konnte aus Sicht der Eltern in der Interventionsgruppe im Gegensatz zur Kontrollgruppe (T0: T-Wert 55; T1: T-Wert 59; n.s.) signifikant von T0 (T-Wert 59) zu T1 (T-Wert 54) gesenkt werden (p ≤ 0,001). Die Veränderung der allgemeinen psychischen Belastung von Untersuchungsbeginn (T0) bis 6 Monate nach der Intervention (T2: T-Wert 56; T0 zu T2: n.s.) war nicht signifikant. Die allgemeine psychische Belastung in der Einschätzung der Therapeuten und Jugendlichen konnte signifikant von T0 (Therapeuten und Jugendliche: T-Wert 55) zu T1 (Therapeuten: T-Wert 51; Jugendliche: T-Wert 50) gesenkt werden (p ≤ 0,001). 6 Monate nach Ende des Programms erhöhte sich in der Selbsteinschätzung der Jugendlichen die allgemeine psychische Belastung wieder (T2: T-Wert 51; T0 zu T2: n.s.). Die Veränderung der allgemeinen psychischen Belastung in der Selbsteinschätzung der Jugendlichen der IG war nicht signifikant. Im Rahmen der Regressionsanalyse zeigte sich, dass eine Gewichtsreduktion von T0 (2,42 ± 0,42) zu T1 (2,24 ± 0,49) zu deutlichen Verbesserungen (p = 0,004) in den Syndromskalen der CBCL/4-18 führte. Je mehr die Kinder und Jugendlichen abnahmen, umso deutlicher verbesserten sie sich in den Syndromskalen der CBCL/4-18. Diskussion: Insgesamt konnte gezeigt werden, dass durch eine interdisziplinäre Intervention mit psychologischer Betreuung bei adipösen Kindern und Jugendlichen der BMI-SDS sowie die Prävalenzraten psychischer Auffälligkeiten und die allgemeine psychischen Belastung gesenkt werden können. Nach der Intervention zeigten sich signifikante Reduzierungen in den Bereichen ‚sozialer Rückzug’, ‚ängstlich/depressiv’ und ‚soziale Probleme’. Die Jugendlichen selbst sehen jedoch deutlich weniger Veränderungen als Therapeuten und Eltern. Auch sechs Monate nach Behandlungsende zeigte sich bei den Jugendlichen weiterhin eine Reduktion depressiver Symptome und aus Sicht der Eltern eine Reduzierung psychischer Auffälligkeiten. Damit scheinen die adipösen Kinder und Jugendlichen die erlernten Copingstrategien auch über das Programmende hinaus aus Sicht der Eltern deutlicher umzusetzen als sie das selbst erleben. Eine längerfristigere Anbindung an die Behandlungseinrichtung erscheint sinnvoll damit auch die Kinder und Jugendlichen über die Intervention hinaus von der Reduktion psychischer Auffälligkeiten profitieren können.
M3 - Dissertationsschrift
BT - Interventionseffekte auf die Anthropometrie, psychischen Auffälligkeiten und die allgemeine psychische Belastung bei adipösen Kindern und Jugendlichen
PB - Deutsche Sporthochschule Köln
CY - Köln
ER -