Mehr GeredE: Ein Plädoyer für die Ablösung des Deeskalierenden Einsatzmodells

Mario Staller, Swen Körner, Benjamin Zaiser

Publikation: Beitrag in FachzeitschriftZeitschriftenaufsätzeForschungBegutachtung

Abstract

Polizeiliche Einsatzmodelle sind in der nationalen und internationalen Polizeiliteratur fest verankert (z.B. Amen- dola, 1995; Moos, 2014). Sie strukturieren polizeiliches Einsatzverhalten und bieten Handlungsorientierung für ein effektives Einsatzverhalten. In den Regularien der Polizei in Deutschland nimmt das Deeskalierende Einsatz- modell (Bernt & Kuhleber, 1991) eine besondere Stellung ein. Entsprechend wird öffentlich und behördenintern diskutiertes polizeiliches Einsatzverhalten regelmäßig an ihm gemessen (Dungs, 2017; Mangold, 2011; Mas- senbach-Bardt, 2008). Als Referenzmodell dient es als Grundlage polizeilicher Dienstvorschriften (Leitfaden 371, 2002) und strukturiert seit seiner Einführung 1991 das polizeiliche Einsatzhandeln in Deutschland. Dadurch ist das Deeskalierende Einsatzmodell fester Bestandteil der polizeilichen Aus- und Fortbildungspraxis. Mit Veröffentlichung des Modells forderten seine Be- gründer selbst dessen kritische Reflexion und konse- quente Re-evaluierung als Fundament evidenzbasierter, polizeilicher Praxis ein (Brown et al., 2018; Mitchell & Lewis, 2017). Da es jedoch nunmehr fast 30 Jahre ohne eine kritische Reflexion Bestand hat, unterziehen wir das Deeskalierende Einsatzmodell im Kontext grundsätzlicher Professionalisierungsbestrebungen im polizeilichen Ein- satztraining (Körner et al., 2018; Körner & Staller, 2020; Staller & Körner, 2019, 2020) einer kritischen Analyse. Ausgehend von den grundlegenden Ideen legen wir die Struktur des Deeskalierenden Einsatzmodells dar und identifizieren vier kritikwürdige Aspekte. Im Ergebnis führen diese Kritiken zur Notwendigkeit einer Re-Model- lierung polizeilichen Einsatzhandelns. Mit dem Gewaltre- duzierenden Einsatzmodell stellen wir einen handlungs- strukturierenden- und -leitenden Nachfolger vor, der (a) die Kritikpunkte des Deeskalierenden Einsatzmodells berücksichtigt, (b) am aktuellen Wissensbestand polizeili- chen Einsatzhandelns und trainingspädagogischer Praxis ausgerichtet ist und (c) eine kontinuierliche Weiterent- wicklung ermöglicht und einfordert.
OriginalspracheDeutsch
ZeitschriftDie Polizei
Jahrgang112
Ausgabenummer2
Seiten (von - bis)72-82
Seitenumfang10
ISSN0032-3519
DOIs
PublikationsstatusVeröffentlicht - 02.2021

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