Regellernen und Gerechtigkeit im Sportspiel: was bewirkt die Fairplay Liga?

Alexandra Pizzera, Henning Plessner, Florian Kutzner, Haiko Schellhammer, Niels Goll

Publikation: Beitrag in Buch/Bericht/KonferenzbandKonferenzbeitrag - Abstract in KonferenzbandForschungBegutachtung

Abstract

Im Sport herrscht trotz vermeintlich eindeutiger Regeln häufig Uneinigkeit darüber, welche Urteile und Entscheidungen gerecht sind (Mikula & Schlamberger, 1985). Insbesondere im Fußball scheint die wahrgenommene Ungerechtigkeit von Spielern, Trainern oder Eltern oftmals übermäßig groß zu sein und resultiert häufig in einer missglückten Verhaltensregulation (z. B. Mangel an Respekt, gegenseitiger Wertschätzung und fremdbestimmtes Handeln). Mit der Gründung der FairPlayLiga (FPL) durch Ralf Klohr, einem mittlerweile vom DFB empfohlenen und verpflichtendem Spielsystem im Kinderfußball, wurde vor einigen Jahren der Grundstein gelegt, die Verbreitung des Fairplay-Gedankens und mehr Gerechtigkeit zu fördern. In der FPL lernen schon die jungen Spieler im Fußballspiel ohne Schiedsrichter auszukommen und somit ihre eigenen Entscheidungen im Spielverlauf zu treffen. Darüber hinaus sollen Eltern und Trainer durch Zurückhaltung lernen, die Kinder in ihren Entscheidungen ernst zu nehmen und ihnen mehr Raum für ihre Persönlichkeitsentwicklung zu geben. Ziel der Studie war es, die Umsetzung und Auswirkungen der FPL zu evaluieren sowie die Lernentwicklung und Durchsetzung regelbasierten Entscheidens im Kindesalter zu untersuchen. Es wurden drei F-Jugendmannschaften vor und nach Einführung der FPL hinsichtlich verschiedener objektiver Verhaltenskriterien und subjektiver Einschätzungen aller Spielbeteiligten miteinander verglichen. Dabei wurden drei Spiele von jeder Mannschaft je Spielsystem beobachtet (à 10 Min) sowie die Kinder selbst, die Trainer und Eltern der Mannschaften befragt. Ausgewählte Ergebnisse der Spielbeobachtungsdaten zeigen, dass es in beiden Spielsystemen etwa gleich viele und sehr wenige Foulentscheidungen gab, die in der FPL zumeist von den Spielern gemeinsam getroffen wurden. Insgesamt nahmen die unkommentierten Situationen bei Einwurf, Abstoß oder Ecken nach Einführung der FPL signifikant zu, F(1, 34) = 7.08, p = .012, η2 =.17. Das heißt, ein Reklamieren auf Seiten der Kinder, Eltern oder Trainer nahm ab. Die Eltern hielten sich ebenfalls in beiden Spielsystemen sehr zurück, wohingegen die Trainer deutlich aktiver waren. Es zeigte sich jedoch nach Einführung der FPL ein signifikanter Rückgang ihrer motivationalen Kommentare, F(1, 34) = 28.48, p <. 01, η2 =.46, ihrem negativen Feedback, F(1, 34) = 15.88, p <. 01, η2 =.32 und ihren taktischen Anweisungen, F(1, 34) = 11.81, p = .002, η2 =.26. Die Ergebnisse zeigen, dass sich auf Seiten der Spieler trotz der Wegnahme des Schiedsrichters nicht viel im Spiel verändert hat. Das heißt, es gab weder mehr ungeahndete Fouls, noch Beschwerden auf Seiten der Spielbeteiligten. Bei den Trainern hingegen war eine deutliche Verhaltensänderung hin zu mehr Zurückhaltung insgesamt zu beobachten, was in einer größeren Selbstbestimmung der Spieler resultierte.
OriginalspracheDeutsch
TitelGelingende Entwicklung im Lebenslauf : Abstractband der 49. Jahrestagung der Arbeitsgemeinschaft für Sportpsychologie (asp)
Herausgeber*innenC. Zuber, J. Schmid, M. Schmidt, M. Wegener, A. Conzelmann
Seitenumfang1
Herausgeber (Verlag)Universität Bern, Bern Open Publishing
Erscheinungsdatum2017
Seiten90
ISBN (elektronisch)978-3-906813-42-4
PublikationsstatusVeröffentlicht - 2017
VeranstaltungJahrestagung der Arbeitsgemeinschaft für Sportpsychologie (asp) - Bern, Schweiz
Dauer: 25.05.201727.05.2017
Konferenznummer: 49

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