Untersuchung des Muskeldehnungsreflexes als Voraussetzung des Dehnungs-Verkürzungs-Zyklus für die Generierung mechanischer Leistung in den internalen Rotatoren der Schulter

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Abstract

Der Dehnungs-Verkürzungs-Zyklus beschreibt das natürliche Zusammenspiel isometrischer, exzentrischer und konzentrischer Muskelkontraktionen im Rahmen verschiedener Phasen einer Bewegung. Dieser ermöglicht die effiziente Ausführung alltäglicher Bewegungen sowie die Maximierung der Leistung bei hochdynamischen Bewegungen. Die Ausnutzung des Dehnungs- Verkürzungs-Zyklus wird durch die neuronale Steuerung komplexer hierarchischer Kopplungen verschiedener kortikaler sowie spinaler Mechanismen reguliert. Auf spinaler Ebene wird vor allem dem Muskeldehnreflex ein signifikanter Einfluss auf die Kraftpotenzierung zugeschrieben. Für den Dehnungs-Verkürzungs-Zyklus ist vor allem die kurzlatente reflektorische Muskelreaktion (short latency stretch reflex, SLR) von besonderer Bedeutung. Diese wird von einer Vielzahl von Faktoren in ihrer Ausprägung beeinflusst. Allerdings beruht der Großteil der bekannten Evidenz auf Ergebnissen von Untersuchungen, die vorrangig die hintere Kette der Sprunggelenksmuskulatur, die knieumspannende Muskulatur sowie die Ellenbogengelenksmuskulatur und die extrinsische Handmuskulatur betrachtet haben. Eine systematische Analyse der Literatur offenbart einen heterogenen Kenntnisstand der reflektorischen Aktivierung der schulterumspannenden Muskulatur. Daher widmet sich die vorgelegte Arbeit der Untersuchung des Muskeldehnreflexes der internalen Rotatoren der Schulter mit dem Ziel eine Messmethodik zu entwickeln, die eine Quantifizierung dieser wichtigen Voraussetzung eines Dehnungs- Verkürzungs-Zyklus ermöglicht.
Im Rahmen der für das erste Manuskript dieser Thesis durchgeführten Studie wurden 20 trainierte männliche Athleten untersucht. Die Perturbation der schulterumspannenden Muskulatur erfolgte in sitzender Position mittels eines isokinetischen Dynamometers. Der dominante Arm der Probanden wurde in der 90/90/90-Position positioniert (90° Abduktion, 90° Außenrotation, 90° Flexion im Ellenbogengelenk) um die muskulären Voraussetzungen zum Ende der Ausholbewegung bei einem Überkopfwurf bestmöglich, unter standardisierten Laborbedingungen, zu imitiert. Die Perturbation der internalen Rotatoren des Schultergelenks erfolgte ausgehend von dieser
Position mittels einer, durch das Dynamometer applizierten, externalen Rotation des Schultergelenks. Die reflektorische Aktivität der internalen Rotatoren der Schulter wurde über eine kabelgebundene Oberflächenelktromyografie mit einer Aufnahmefrequenz von 2000Hz ermittelt. Die gemessene muskuläre Aktivität wurde hinsichtlich der Parameter Latenz der reflektorischen Muskelreaktion, Amplitude der reflektorischen Reaktion sowie Dauer der Aktivierung analysiert.
Ziel der zweiten Studie war eine Optimierung der eingesetzten Evokationsmethode. 13 Probanden der ersten Studie nahmen ebenfalls an dieser Untersuchung teil. Verglichen wurde die Evokation reflektorischer Muskelreaktionen in sitzender und liegender Positionierung der Probanden. Die Evokation der reflektorischen Muskelreaktion in liegender Positionierung der Probanden resultierte im Rahmen dieser Untersuchung in einer erhöhten Reflexauslösungsrate. Die dritte Studie befasst sich mit der Reliabilität der entwickelten Reflexevokationsmethodik. Auf Grundlage der Ergebnisse dieser Studie kann die entwickelte Messmethodik als reliables Verfahren eingeschätzt werden.
Zukünftige Untersuchungen sollten die vorgestellte Methodik replizieren und je nach Fragestellung auf spezifische, arthromuskuläre Gegebenheiten adaptieren. Messungen im Feld unterliegen generell einer hohen intra- und interindividuellen Variabilität bei gleichzeitig variierenden externen Einflussgrößen. Ein besseres Verständnis der neuromechanischen Steuerung von Dehnungs-Verkürzungs-Zyklus Bewegungen der oberen Extremität ermöglicht eine Optimierung trainingswissenschaftlicher Empfehlungen und somit einen Wissenschafts-Praxis Transfer.
OriginalspracheDeutsch
ErscheinungsortKöln
VerlagDeutsche Sporthochschule Köln
Seitenumfang63
PublikationsstatusVeröffentlicht - 2022

Zitation