Vibrationen im Radsport: Der Effekt eines Rennrad-Dämpfungssystems auf die neuromuskuläre Leistungsfähigkeit

Publikation: Buch/BerichtDissertationsschrift

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Abstract

Schlechte Fahrbahnbeläge setzen Radfahrer:innen Vibrationen aus, die potenziell die Leistungsfähigkeit mindern. Im Besonderen gilt das für das Radsport-Monument Paris-Roubaix, das zu einem erheblichen Anteil über Kopfsteinpflaster führt. Um die Athlet:innen auf diesen rennentscheidenden Streckenabschnitten zu unterstützen, werden zunehmend auch Rennräder mit Dämpfungssystemen eingesetzt. Die Wirkungsweise von Vibration und Dämpfung auf das muskuloskelettale System ist jedoch unklar. Ziel des Promotionsprojektes war es daher, zu verstehen, ob und wie Vibration und Dämpfung die neuromuskuläre Leistungsfähigkeit im Radsport beeinflussen.
Die initiale Projektphase beinhaltete die Entwicklung eines Messplatzes für realitätsnahe Vibrationsinterventionen. In Studie I wurden zur Beantwortung der ersten Forschungsfrage ausgehend von den vertikalen Beschleunigungen der Laufradnaben auf Kopfsteinpflaster Kriterien für standardisierte Vibrationsinterventionen formuliert. Ausgehend von diesen Empfehlungen leiteten bei den nachfolgenden Laborinterventionen zwei Vibrationsplatten periodische Schwingungen direkt in vorderes (44 Hz, 4 mm) und hinteres (38 Hz, 4 mm) Ausfallende des Fahrradrahmens ein. Dreißig trainierte männliche Radsportler absolvierten Testungen auf einem ungedämpften (Specialized Tarmac Pro Race 2015) und einem gedämpften Rad (Specialized Roubaix Comp 2017) mit und ohne Vibrationseinleitung bei niedrigintensiven, schwellennahen und submaximalen Belastungsintensitäten. Die Wirkkette von Vibration wurde anhand der Vibrationsexposition von Körpersegmenten, der muskulären Aktivierung, der Kinematik, des Sauerstoffbedarfs, der Herzfrequenz und der erbrachten mechanischen Leistung nachvollzogen. In den Studien II und III wurde die zweite Forschungsfrage beantwortet und gezeigt, dass Vibrationen im Radsport auf das gesamte muskuloskelettale System wirken, die Auswirkungen auf die Vortriebsgenerierung aber begrenzt sind, da die maßgeblich vortriebsrelevanten Knieextensoren am vorderen Oberschenkel keine systematische Aktivitätszunahme zeigten. Eine hohe Vibrationsexposition der Arme und eine erhöhte Aktivierung der Arm- und Schultermuskulatur sowie eine angepasste Kinematik des Oberkörpers deuten darauf hin, dass sekundäre Aufgaben wie die Stabilisierung auf dem Fahrrad mit Vibration erschwert sind. Diese tragen auch zu der um 2,4 % gesteigerten Sauerstoffaufnahme und der erhöhten Herzfrequenz bei. Damit mindert Vibration die kurzzeitige Leistungsfähigkeit geringfügig. Mit Studie IV wurde die vierte Forschungsfrage beantwortet und dargestellt, dass Dämpfung keine systematisch veränderte Vibrationsexposition oder neuromuskuläre Aktivierung für die unteren Extremitäten bedingt, die Sauerstoffaufnahme nicht senkt und auch nicht zu einer gesteigerten mechanischen Leistung beiträgt. Eine erhöhte Kurzzeit-Leistungsfähigkeit durch Dämpfung ist daher zu verneinen. Eine reduzierte Vibrationsexposition am Oberkörper reduziert die muskuläre Aktivität stabilisierender Oberarmmuskulatur und deutet auf einen erhöhten Fahrkomfort hin.
Praktische Implikationen: Die Ergebnisse lassen nicht erwarten, dass Vibration oder der Einsatz eines gedämpften Rades die neuromuskuläre Leistungsfähigkeit auf einem isolierten, etwa vier-minütigen Kopfsteinpflaster-Abschnitt entscheidend beeinflussen. Die lange Belastungsdauer eines Radrennens lässt auch physische und kognitive Ermüdungseffekte erwarten. Forschungsperspektiven ergeben sich aus den potenziellen Interaktionen von Vibration, Dämpfung, Komfort und Ermüdung.


Titel in ÜbersetzungVibrations in cycling: The effect of a road bike damping system on neuromuscular performance
OriginalspracheDeutsch
ErscheinungsortKöln
VerlagDeutsche Sporthochschule Köln
Seitenumfang80
PublikationsstatusVeröffentlicht - 13.09.2021

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