„Wie fit sind Deutschlands Führungskräfte?“: Selbsteinschätzung und Realität – Evaluation kardiovaskulärer Risikofaktoren sowie Effekte einer ausdauerorientierten Intervention aus präventivmedizinischer Sicht bei Führungskräften im Betrieblichen Gesundheitsmanagement

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Abstract

Es ist bekannt, dass es einen deutlichen Zusammenhang zwischen dem sozio-ökonomischem Status und der Gesundheit gibt. Daraus könnte geschlossen werden, dass Manager der oberen Führungs- und Hierarchieebene mit einem guten Einkommen gesünder seien als andere Beschäftigte. Tatsächlich gibt es viele Studien, die teilweise diskrepante Ergebnisse zeigten. So ist gerade diese Gruppe von Personen besonders hohem Stress, permanenter Erreichbarkeit und einer hohen Verantwortung gegenüber den eigenen Mitarbeitern ausgesetzt. Höhere Führungs- und Managementpositionen erfordern folglich Individuen, die körperlich und mental besonders robust und widerstandsfähig sind. So sind Manager in der Tat gleichsam die Leistungssportler und Spitzenathleten eines Unternehmens (Loehr & Schwartz, 2001) und bedürfen stärkerer Aufmerksamkeit, insbesondere in Fragen der Gesundheit und dem mit ihr zusammenhängenden Betrieblichen Gesundheitsmanagement. Kardiovaskuläre Erkrankungen stellen die häufigste Todesursache in den Industrienationen dar.Besonders wichtig für einen gesunden Lebensstil ist eine ausreichende, regelmäßige körperliche Aktivität, da Bewegungsmangel die häufigste Ursache für Erkrankungen ist. Epidemiologische Studien in der allgemeinen Bevölkerung demonstrierten bereits in der Vergangenheit, dass körperliche Aktivität und aerobe Fitness signifikant das kardiovaskuläre (kv) Risiko verringern können.Zu den Zielen der vorliegenden Dissertation zählte es, (1) den aktuellen Fitness und Gesundheitsstatus sowie das kv Risiko von Managern in einer Querschnittstudie über eine retrospektive Analyse eines Datenpools von medizinischen Check-ups in Deutschland darzustellen, (2) die Übereinstimmung zwischen subjektiv wahrgenommener und objektiv gemessener Fitness und Gesundheit bei Managern zu überprüfen, (3) einen neuartigen Fragebogen für den Bereich Fitness und Gesundheit zu evaluieren und zu validieren sowie (4) im Rahmen einer mehrmonatigen Interventionsstudie mit Führungskräften den Einfluss von Ausdauertraining auf die körperliche Fitness, Lebensqualität und Leistungsfähigkeit im Job zu untersuchen. Hinsichtlich dieser Ziele wurden im Rahmen dieser Dissertation vier Studien durchgeführt.Projekt I: Querschnittsanalyse zur Gesundheit und kardiorespiratorischen Fitness vonFührungskräftenDas Ziel dieser Querschnittsanalyse war die Spezifizierung medizinischer Datenanhand von zahlreichen, verschiedenen psycho-physiologischen Parametern derGesundheit sowie die Beurteilung des kardiovaskulären Risikoscores bei Managernerster und zweiter Managementebene aus internationalen Großunternehmen (n=110).Bislang existiert keine Studie über die Gesundheit, Fitness und Lebensqualität vonManagern einschließlich spezifischer, praktischer Untersuchungen und objektiv,gemessener Tests. Und obwohl kardiovaskuläre Risikofaktoren unter allenRisikofaktoren die meisten Todesfälle verursachen, gibt es bislang keine Daten vonFührungskräften bezüglich des kardiovaskulären Risikoprofils anhand vonsogenannten Risikoscores.Die erhaltenen Ergebnisse der retrospektiven Querschnittstudie zeigten insgesamt mitden Ausnahmen von Übergewicht, Bluthochdruck und Prädiabetes, ein bessereskardiovaskuläres Risikoprofil und einen besseren Gesundheits- und Fitnesszustandim Vergleich zur alters- und geschlechtsentsprechenden, allgemeinen deutschenBevölkerung. Über eine Regressionsanalyse konnten zusätzliche Items zum bereitsbestehenden Algorithmus des CARRISMA-Wertes (basierend auf dem PROCAMScore)identifiziert werden, die den Vorhersagewert des Risikoscores signifikantverbessern.
Projekt II: Körperliche Fitness und kardiovaskuläre Prävention: Selbsteinschätzungund Realität bei ManagernDas Ziel der Studie 2 war eine Gegenüberstellung der selbstwahrgenommenenFitness und Gesundheit von Managern und objektiv gemessenenGesundheitsparametern (n=54). Es ist bekannt, dass Führungskräfte zurÜberschätzung der eigenen Fähigkeiten und Fertigkeiten (z.B. in Bereichen wie derFührungskompetenz) neigen und ein realistisches Selbstbild ein sicheres undgesundes Führen von Mitarbeitern unterstützt. Bislang wurde jedoch nicht analysiert,ob sich Manager zudem bei der eigenen Gesundheit und Fitness überschätzen.Die erhaltenen Ergebnisse demonstrierten entgegen vorheriger Studien und derHypothese, dass Manager zur Überschätzung des eigenen Fitness- undGesundheitsstatus (Selbsteinschätzungen wurden über einen Fragebogen gemessen)neigen, dass sich die Kohorte der vorliegenden Arbeit überwiegend realistischeinschätzte, sogar mit einer Tendenz zur Unterschätzung.
Projekt III: Überprüfung der Validität und Reliabilität eines neuen Fragebogen-Instrumentes zur Selbsteinschätzung von Fitness, Lebensqualität und GesundheitEin gängiges Tool in Forschung und Wissenschaft sind Fragebögen. Ein validierterund international anerkannter Fragebogen im Bereich Gesundheit und Lebensqualitätist der SF-12 Gesundheitsfragebogen als Kurzform des SF-36. Am Institut fürKreislaufforschung und Sportmedizin der Deutschen Sporthochschule Köln inDeutschland wird seit einigen Jahren ein vergleichbarer, bislang jedoch nichtvalidierter Fragebogen zur Beurteilung der Fitness, Gesundheit und Lebensqualität eingesetzt: der Fitness- and Health Questionnaire Cologne (FHQC). Er beinhaltetItems zur Erfassung anthropometrischer Daten, Rauchgewohnheiten, körperlicherAktivität und andere Lifestyle-Faktoren, zu Work-Life-Balance undSelbsteinschätzungen zu Themen wie der eigenen Lebensqualität undLeistungsfähigkeit im Job. Die Ziele des Projektes waren die psychometrische undfaktorielle Überprüfung des FHQC-Fragebogens und der Vergleich des FHQC mitdem SF-12 Fragebogen zur Messung von Gesundheit, Lebensqualität undkörperlicher Fitness (n=180).Insgesamt zeigte sich, dass der FHQC-Fragebogen zukünftig als zuverlässigesMessinstrument in Forschungsvorhaben für die Untersuchung der körperlichenAktivität, Gesundheit und Lebensqualität verwendet werden kann. Die aufgeführtenItems repräsentieren hinreichend unterschiedliche Parameter der Gesundheit undFitness und fügen Informationen über die Freizeitaktivitäten der Teilnehmer hinzu. DerFragebogen erfüllt auch die praktische Notwendigkeit eines Gesundheits- undFitnessfragebogens, da er in einer kurzen Zeitspanne ausgefüllt, frei und ohne Lizenzverfügbar und auf einer einzigen Seite ausgedruckt werden kann.Projekt IV: Einfluss einer mehrmonatigen ausdauerorientierten Intervention beiFührungskräften auf die körperliche Fitness und Lebensqualität: eineLängsschnittstudieDie Resultate aus den Projekten I und II der Dissertation demonstrierten, dass ca.50% der untersuchten Manager Übergewicht, arterielle Hypertonie und Prädiabetesaufwiesen. So wurde in einem nächsten Schritt (Projekt IV) eine gezielte,mehrmonatige praktische ausdauerorientierte Intervention mit Führungskräftendurchgeführt werden (n=19), um den Einfluss auf die körperliche und mentaleLeistungsfähigkeit, das kardiovaskuläre Risikoprofil sowie die selbstwahrgenommeneGesundheit und Lebensqualität zu untersuchen. Durch ein gezieltesausdauerorientiertes Interventionsprogramm wurden Manager auf einenHalbmarathon vorbereitet und im Rahmen einer Längsschnittstudie wissenschaftlichbegleitet. Nach bestem Wissen der Autoren ist dies die erste Untersuchung, die indiesem Umfang und Zeitraum objektive, physiologische Gesundheitsparameter undSelbsteinschätzungen der eigenen Fitness bei Managern im Rahmen derBetrieblichen Gesundheitsförderung erfasst.Die erhaltenen Resultate zeigten insgesamt, dass die durchgeführte 16-wöchigeausdauerorientierte Intervention in großen Teilen einen positiven Einfluss aufParameter der körperlichen Fitness, des kardiovaskulären Risikoprofils sowie derselbstwahrgenommenen Gesundheit und Lebensqualität hatte.
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass eine Investition in die Gesundheitvon Managern im Rahmen des Betrieblichen Gesundheitsmanagements für einlangfristig erfolgreiches Unternehmen einen besonders hohen Stellenwert hat undzukünftig weiter fokussiert werden sollte. Sie kann die individuelle Gesundheit unddas Wohlbefinden der führenden Mitarbeiter nicht nur erhalten oder verbessern,sondern auch den ökonomischen Erfolg der Unternehmen unterstützen und fördern.Zukünftig sollten Projekte im Rahmen eines Betrieblichen Gesundheitsmanagementsweiter verbessert, individualisiert und landesweit implementiert werden. Zudem sindvermehrt Studien mit weiblichen Führungskräften und Führungskräften auch auskleinen und mittleren Unternehmen sinnvoll und erforderlich.

OriginalspracheDeutsch
ErscheinungsortKöln
VerlagDeutsche Sporthochschule Köln
Seitenumfang149
PublikationsstatusVeröffentlicht - 09.10.2018

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