Im Jahr 1997 wurde der organisierte Sport mit einer Pilotstudie zum Thema Gewalt gegen Mädchen und Frauen im Sport konfrontiert (vgl. Klein/Palzkill 1998). Die Studie brachte erstmals in die sportpolitische Öffentlichkeit, was sich unter der Oberfläche schon länger als ernstzunehmendes Problem andeutete: Auch im Sport wird Gewalt gegen Mädchen und Frauen ausgeübt. Die Erscheinungsformen sind vielfältig, denn das Spektrum reicht von Blicken
und Worten über unerwünschte Berührungen und körperliche G ewalthandlungen wie Schlagen oder Treten bis hin zur sexuellen Nötigung. Auffällig ist, dass der Sport aufgrund seiner systemimmanenten Charakteristika das Entstehen von Gewalthandlungen zu begünstigen scheint. Hier ist insbesondere die Körperzentrierung des Sportsystems zu nennen, aber auch
die Männerdominanz im Sport, das Leistungs- und Konkurrenzprinzip des Sports sowie das Abhängigkeitsverhältnis zwischen Athletinnen und Trainern.
Als Reaktion auf die Pilotstudie begründete der Landessportbund Nordrhein-Westfalen eine breit angelegte Kampagne zur Prävention von Gewalt gegen Mädchen und Frauen im Sport. Maßnahmen dieser Kampagne waren u.a. :
die Entwicklung und Verbreitung von Informationsbroschüren, die Integration des Themas in die Fort- und Ausbildung von Übungsleiterinnen und -leitern sowie die Einrichtung einer speziellen Ausbildung zur Selbstbehauptungstrainerin.
Mit der Kampagne verfolgt der Landessportbund das Ziel, in den Vereinen und
Verbänden für die Gewaltproblematik zu sensibilisieren. Inwiefern dies gelungen ist und welche weiteren Maßnahmen zur Qualitätssicherung der Kampagne ergriffen werden sollten, wird mit Hilfe einer Studie geprüft. Dabei geht es insbesondere um folgende Aspekte (vgl. auch Klein/Palzkill 1998, 10):
Analyse der Diskurse über Gewalt gegen Mädchen und Frauen, insbs. bei den Führungskräften; Überprüfung der Akzeptanz bezüglich der vom LSB entwickelten Informationsmaterialien; Ermittlung von Strategien und Problemen im Umgang mit Beschwerden über Gewalthandlungen; Vorbereitung weiterer Maßnahmen zur Prävention und Intervention von sexueller Gewalt
In enger Kooperation mit dem Landessportbund NRW werden qualitative Interviews mit Führungskräften ausgewählter Sportverbände geführt. Im Mittelpunkt dieser Interviews steht die von Brackenridge (2001) entwickelte Checkliste zur Prävention von sexueller Gewalt in Sportverbänden. Diese Checkliste enthält einen Maßnahmenkatalog mit detaillierten sowie
praktisch orientierten Konzepten zur Vermeidung von Gewaltübergriffen im Sport. In den Interviews wird überprüft, welche von den Maßnahmen bereits in den jeweiligen Verbänden eingeführt wurden und welche Erfahrungen bzw. Probleme mit den jeweiligen Maßnahmen vorliegen.
Da davon auszugehen ist, dass einige Maßnahmen noch nicht in den deutschen Verbänden implementiert wurden, sollen die Interviews in einem weiteren Schritt darüber aufklären, wie hoch die Bereitschaft der Führungskräfte zur Implementation der entsprechenden Maßnahmen ist. Welche Chancen und Probleme sehen die Verbände in Bezug auf die vorgeschlagenen
Maßnahmen? Welche Hilfestellungen benötigen die Organisationen bei der Einführung der entsprechenden Maßnahmen?