TY - CHAP
T1 - Meritokratischer Mythos? Zum Erleben von Rassismus im Spitzensport
AU - Dernbach, Maike
AU - Hartmann-Tews, Ilse
AU - Nobis, Tina
PY - 2024/4/25
Y1 - 2024/4/25
N2 - Problem- und Zielstellung: „Die Tendenz der Verharmlosung und Leugnung rassistischer Realität ist in Deutschland nach wie vor relevant“ (Mecheril & Melter, 2011, S. 14) – sie äußert sich zum Beispiel darin, dass Rassismus häufig ausschließlich als ein Phänomen verstanden wird, das am rechten Rand der Gesellschaft auftritt (z.B. Arndt, 2019; Roig, 2017). Es mag insofern wenig überraschend sein, dass in der sportsoziologischen Forschung in Deutschland ein Forschungsdesiderat zu verzeichnen ist. Zwar liegen einige Arbeiten vor, die sich mit rassistischen Vorfällen in Fußballstadien befassen; inwiefern sich Rassismus in den Strukturen des Sports manifestiert und wie dies erlebt wird, ist hierzulande allerdings kaum erforscht. Bezugnehmend auf diese Problemlage besteht das Ziel der von uns realisierten Studie darin, zu explorieren, wie BIPoC-Athlet*innen Rassismus im Spitzensport erleben.Theoretische Bezüge: Dabei verstehen wir Rassismus als eine Ideologie, eine Struktur, einen Prozess sowie als ein historisch gewachsenes, gesellschaftliches Machtverhältnis, in dem weiße Personen systematisch von Privilegien profitieren, während rassistisch markierten Gruppen der Zugang zu als wertvoll erachteten Gütern oder Ressourcen erschwert oder verwehrt wird (z. B. El-Mafaalani, 2021; Essed, 1990; Kelly, 2021; Miles & Brown, 2003).Methode: Bis dato wurden 13 problemzentrierte Interviews mit BIPoC-Athlet*innen verschiedener Sportarten aus dem Spitzensport geführt, um das Erleben und die Wahrnehmung von individuellem und strukturellem Rassismus zu explorieren.Ergebnisse: Eine wiederkehrende Erzählung, die auf strukturelle Momente von Rassismus verweist, bezieht sich auf die erlebte Aushebelung des Leistungsprinzips. Die interviewten Personen berichten zum Beispiel, bei Nominierungen für Wettkämpfe, Lehrgänge oder Kader trotz herausragender Leistungen nicht berücksichtigt oder übergangen zu werden, während leistungsschwächere weiße Athlet*innen be-vorzugt werden.Diskussion: Die geschilderten Erfahrungen verweisen darauf, dass Rassismus im Spitzensport als ein Machtsystem erlebt wird, in dem wertvolle Ressourcen der Karriereentwicklung (z.B. Teilnahme an Wettkämpfen) nicht unabhängig von rassistischen Zuschreibungen verteilt werden. Gleichsam stehen die Erzählungen in einem deutlichen Kontrast zur Idee des meritokratischen Charakters des Leistungssports.LiteraturArndt, S. (2019). Rassismus. In S. Arndt & N. Ofuatey-Alazard (Hrsg.), Wie Rassismus aus Wörtern spricht. (K)Erben des Kolonialismus im Wissensarchiv deutsche Sprache. Ein kritisches Nachschlagewerk (4. Auflage) (S. 37-43). Unrat.El-Mafaalani, A. (2021). Wozu Rassismus? Von der Erfindung der Menschenrassen bis zum rassismuskritischen Widerstand. Kiepenheuer & Witsch.Essed, P. (1990). Everyday Racism: Reports from Women of Two Cultures. Hunter House.Kelly, N.A. (2021). Rassismus. Strukturelle Probleme brauchen strukturelle Lösungen! Atrium Verlag.Mecheril, P. & Melter, C. (2011). Rassismustheorie und -forschung in Deutschland. Kontur eines wissenschaftlichen Feldes. In C.Melter & P. Mecheril (Hrsg.), Rassismuskritik. Band 1: Rassismustheorie und -forschung (S. 13-22). Wochenschau-Verlag.Miles, R. & Brown, M. (2003). Racism. Routledge.Roig, E. (2017). Uttering “race” in colorblind France and post-racial Germany. In K. Fereidooni & M. El (Hrsg.), Rassismuskritik und Widerstandsformen (S. 613-627). Springer VS.
AB - Problem- und Zielstellung: „Die Tendenz der Verharmlosung und Leugnung rassistischer Realität ist in Deutschland nach wie vor relevant“ (Mecheril & Melter, 2011, S. 14) – sie äußert sich zum Beispiel darin, dass Rassismus häufig ausschließlich als ein Phänomen verstanden wird, das am rechten Rand der Gesellschaft auftritt (z.B. Arndt, 2019; Roig, 2017). Es mag insofern wenig überraschend sein, dass in der sportsoziologischen Forschung in Deutschland ein Forschungsdesiderat zu verzeichnen ist. Zwar liegen einige Arbeiten vor, die sich mit rassistischen Vorfällen in Fußballstadien befassen; inwiefern sich Rassismus in den Strukturen des Sports manifestiert und wie dies erlebt wird, ist hierzulande allerdings kaum erforscht. Bezugnehmend auf diese Problemlage besteht das Ziel der von uns realisierten Studie darin, zu explorieren, wie BIPoC-Athlet*innen Rassismus im Spitzensport erleben.Theoretische Bezüge: Dabei verstehen wir Rassismus als eine Ideologie, eine Struktur, einen Prozess sowie als ein historisch gewachsenes, gesellschaftliches Machtverhältnis, in dem weiße Personen systematisch von Privilegien profitieren, während rassistisch markierten Gruppen der Zugang zu als wertvoll erachteten Gütern oder Ressourcen erschwert oder verwehrt wird (z. B. El-Mafaalani, 2021; Essed, 1990; Kelly, 2021; Miles & Brown, 2003).Methode: Bis dato wurden 13 problemzentrierte Interviews mit BIPoC-Athlet*innen verschiedener Sportarten aus dem Spitzensport geführt, um das Erleben und die Wahrnehmung von individuellem und strukturellem Rassismus zu explorieren.Ergebnisse: Eine wiederkehrende Erzählung, die auf strukturelle Momente von Rassismus verweist, bezieht sich auf die erlebte Aushebelung des Leistungsprinzips. Die interviewten Personen berichten zum Beispiel, bei Nominierungen für Wettkämpfe, Lehrgänge oder Kader trotz herausragender Leistungen nicht berücksichtigt oder übergangen zu werden, während leistungsschwächere weiße Athlet*innen be-vorzugt werden.Diskussion: Die geschilderten Erfahrungen verweisen darauf, dass Rassismus im Spitzensport als ein Machtsystem erlebt wird, in dem wertvolle Ressourcen der Karriereentwicklung (z.B. Teilnahme an Wettkämpfen) nicht unabhängig von rassistischen Zuschreibungen verteilt werden. Gleichsam stehen die Erzählungen in einem deutlichen Kontrast zur Idee des meritokratischen Charakters des Leistungssports.LiteraturArndt, S. (2019). Rassismus. In S. Arndt & N. Ofuatey-Alazard (Hrsg.), Wie Rassismus aus Wörtern spricht. (K)Erben des Kolonialismus im Wissensarchiv deutsche Sprache. Ein kritisches Nachschlagewerk (4. Auflage) (S. 37-43). Unrat.El-Mafaalani, A. (2021). Wozu Rassismus? Von der Erfindung der Menschenrassen bis zum rassismuskritischen Widerstand. Kiepenheuer & Witsch.Essed, P. (1990). Everyday Racism: Reports from Women of Two Cultures. Hunter House.Kelly, N.A. (2021). Rassismus. Strukturelle Probleme brauchen strukturelle Lösungen! Atrium Verlag.Mecheril, P. & Melter, C. (2011). Rassismustheorie und -forschung in Deutschland. Kontur eines wissenschaftlichen Feldes. In C.Melter & P. Mecheril (Hrsg.), Rassismuskritik. Band 1: Rassismustheorie und -forschung (S. 13-22). Wochenschau-Verlag.Miles, R. & Brown, M. (2003). Racism. Routledge.Roig, E. (2017). Uttering “race” in colorblind France and post-racial Germany. In K. Fereidooni & M. El (Hrsg.), Rassismuskritik und Widerstandsformen (S. 613-627). Springer VS.
M3 - Konferenzbeitrag - Abstract in Konferenzband
T3 - Schriften der Deutschen Vereinigung für Sportwissenschaft
SP - 24
BT - Abstractband zur Jahrestagung 2024 dvs-Sektion Sportsoziologie
A2 - Kühnle, Felix
A2 - Franco, Lorena
PB - Feldhaus Edition Czwalina
T2 - Jahrestagung dvs Sektion Sportsoziologie
Y2 - 25 April 2024 through 27 April 2024
ER -