Gleichgewichtstraining: Zwischen Anpassungsspezifität und Transfer in der Sturzprävention

Eduard Kurz, Lars Donath

Publikation: Beitrag in FachzeitschriftAndere (Vorworte u.ä.)Forschung

Abstract

Gleichgewichtskontrolle spielt in verschiedenen Situationen im Alltag, Breiten- sowie Leistungssport über die gesamte Lebensspanne eine wesentliche Rolle. Eine eingeschränkte Kontrolle des Gleichgewichts kann zu Stürzen und Verletzungen führen. Die zugrundeliegenden strukturellen und funktionellen Ursachen für den Gleichgewichtsverlust bei Kindern, älteren Menschen sowie im sportlichen Kontext müssen differenziert betrachtet werden.

In diesem Zusammenhang hat sich der Begriff „Gleichgewichtsfähigkeit“ etabliert. Im deutschsprachigen Raum ist die „Gleichgewichtsfähigkeit“ den „koordinativen Fähigkeiten“ zugeordnet. Diese Zuordnung ist jedoch nicht physiologisch begründet und sollte auf Basis verfügbarer Evidenz kritisch hinterfragt werden. Einzelne Tests (einfache oder komplexe) prüfen spezielle Fertigkeiten unter statischen oder dynamischen bzw. funktionellen Bedingungen. Mögliche Transfers auf eine komplexe Fähigkeit sind somit nur bedingt zu erwarten [1]. Innerhalb der Lebensspanne sind das Erlernen, Festigen, Anpassen sowie Wiedererlernen verschiedener Dimensionen der motorischen Kontrolle vor dem Hintergrund der alltags- bzw. sportartbezogenen Anforderungsstruktur zu testen und zu trainieren. Vor diesem Hintergrund hat insbesondere das Training des Gleichgewichts (Balance Training) als multi-modales sensomotorisches Training eine hohe Relevanz innerhalb der Belastungsvorbereitung (Warm-up) und Verletzungsprophylaxe (Prävention, Sturzprophylaxe), aber auch für die Leistungssteigerung und im Rehabilitationsprozess [2].

Metaanalysen zur Wirksamkeit von Gleichgewichtstraining haben gezeigt, dass bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen, unabhängig vom Trainingszustand, bereits ein zwei- bis dreimaliges wöchentliches Training über je 15 Minuten wirksam ist [3], [4], während bei älteren Erwachsenen 30–45 Minuten erforderlich sind [5]. Unabhängig vom Alter der Trainierenden sind die größten Effekte nach einer Interventionsdauer von drei Monaten zu erwarten. Empfohlen werden vier verschiedene Übungen innerhalb einer Einheit, in der die maximale Dauer einer einzelnen Aufgabe 40 Sekunden nicht überschreiten sollte [4]. Zur Auswahl optimaler Trainingsintensitäten im Balance Training können bislang jedoch keine gesicherten Aussagen gemacht werden.

In neueren Interventionsstudien und Metaanalysen konnte gezeigt werden, dass die Anpassungen an Gleichgewichtstraining sehr spezifisch sind. Ein Transfer auf nicht trainierte Gleichgewichtstasks tritt kaum auf [6], [7]. Dennoch können Stürze durch Gleichgewichtstraining um bis zu 50 % gesenkt werden [8]. Dieser Befund weist auf einen hohen generellen Alltagstransfer der Gleichgewichtsanpassungen und ein generelles Konditionieren hin.

Wir freuen uns, dass wir für dieses spannende Thema zahlreiche namhafte Autoren gewinnen konnten und wünschen allen Lesern viel Spaß beim Lesen.
OriginalspracheDeutsch
ZeitschriftSportphysio
Jahrgang07
Ausgabenummer01
Seiten (von - bis)1-1
Seitenumfang1
ISSN2196-5951
DOIs
PublikationsstatusVeröffentlicht - 01.02.2019

Zitation