Konzeption, Realisierung und Evaluation eines gruppenbasierten, bewegungstherapeutischen Programms für onkologisch erkrankte Kinder und Jugendliche nach stationärer medizinischer Therapie

Publikation: Buch/BerichtDissertationsschrift

Abstract

Zusammenfassung der DissertationHintergrund: Die Überlebenschancen pädiatrischer Krebspatienten haben sich mit einer 15-Jahres-Überlebenswahrscheinlichkeit von über 80%in den letzten Jahren deutlichverbessert. Dennoch leiden viele Betroffene an Nebenwirkungen und Spätfolgen der Erkrankung und der medizinischen Therapie. Neben Einschränkungen der körperlichen Leistungsfähigkeitzeigtsich auf psychosozialer Ebeneu.a.ein reduziertes körperliches Wohlbefinden. Um dem Auftreten der Spätfolgen entgegenzuwirken, gewinnen bewegungstherapeutische Interventionen zunehmend an Bedeutung. Doch obwohl die aktuelle Studienlage die Machbarkeit und Effektivität von Bewegungsinterventionen belegt, fehlt es an wissenschaftlichen Ergebnissen zur Umsetzbarkeit und Effektivität von gruppenbasierten Programmen für Kinder und Jugendliche nach stationärer onkologischer Therapie. Insbesondere vor dem Hintergrund der sozialen Isolation während der stationären medizinischenTherapiesind jedoch Gruppenaktivitäten in dieser Phase von besonderer Bedeutung. Methodik: Aufbauend aufeiner Querschnittuntersuchung zu spezifischen Defiziten von Kindern und Jugendlichen nach stationäreronkologischer Therapie (n=26)im Bereich dermotorischenLeistungsfähigkeit (MOT 4-6 und DMT 6-18) und der Lebensqualität (KINDL®) sowieeiner systematischen Übersichtsarbeit zu Bewegungsinterventionen in der pädiatrischen Onkologie wurde ein gruppenbasiertes Bewegungsprogramm für Kinder und Jugendliche nach stationäreronkologischer Therapie konzipiert. Im Rahmen einer dreiarmigen, prospektiven, monozentrischen Interventionsstudie wurde der Einfluss dieses Programms auf die motorischeLeistungsfähigkeit (MOT 4-6 und DMT 6-18), das Aktivitätsverhalten (modifizierter KiGGS-Fragebogen) und die Lebensqualität (KINDL®) evaluiert. Hierzu nahmen 20onkologisch erkrankte Kinder und Jugendliche(IG) einmal wöchentlich über einen Zeitraum von sechs Monaten am Sportprogramm teil. Onkologisch erkrankte Kinder und Jugendliche, die nicht am Sportprogramm teilnahmen (CG1: n=13)sowie 20 gesunde, gleichaltrige Kinder (CG2)wurden als Vergleichsgruppen in die Studie eingebunden. Abschließend wurden zur Optimierung des Konzeptes,aufbauend auf einer Übersichtsarbeit,die Dorsalflexion im Sprunggelenk (Goniometer), das Gangbild (Microgate Optogait 2D Ganganalyse), die Ausdauerleistungsfähigkeit (6-Minuten-Gehtest) und die motorische Leistungsfähigkeit (DMT 6-18) bei 13 onkologisch erkranktenKindernund Jugendlichen nach Abschluss der medizinischenTherapie im Vergleich zu 13 gesunden Kindern und Jugendlichen gleichen Alters und gleichen Geschlechts untersucht.Ergebnisse: Spezifische Defizite der motorischen Leistungsfähigkeit zeigen sich in den Bereichen Ausdauer, Kraft und Koordination unter Zeitdruck (6-17 Jahre) sowie in der Bewegungssteuerung und -geschwindigkeit (4-5 Jahre). In Bezug auf die Lebensqualität wurden keine signifikanten Unterschiede im Vergleich zu Normwerten festgestellt. Die aktuelle Studienlage zu Bewegungsinterventionen in der pädiatrischen Onkologie belegt die Machbarkeit und Effektivität von Bewegungsprogrammen. Sie wird insgesamt mit dem Evidenzgrad „3“ bewertet, schließt jedoch in erster Linie Bewegungsinterventionen mit ALL-Patienten während medizinischer Therapieein. Das auf diesen Ergebnissen aufbauende Bewegungsprogramm zeigt einen signifikant positiven Einfluss auf die motorische Leistungsfähigkeit, die Gesamtaktivitätund das emotionale Wohlbefinden. DieÜbersichtsarbeit zur Dorsalflexion im Sprunggelenk sowiedie durchgeführte Querschnittuntersuchung identifizierenjedoch signifikante Defizite im Bereich der Beweglichkeit im Sprunggelenk, imGangbildsowieinder Ausdauerleistungsfähigkeitbei pädiatrisch-onkologischen Patienten.Schlussfolgerung:Ein gruppenbasiertes Bewegungsprogramm für Kinder und Jugendliche nachstationäreronkologischer Therapie ist effektiv.Es wirdvermutet, dass es über eine Steigerung der motorischen Leistungsfähigkeit bei den Betroffenen auch eine Steigerung in das Vertrauen der eigenen körperlichen Fähigkeiten und dadurch eine Erhöhung des Aktivitätsverhaltensbewirkt. Dies unterstreicht die Bedeutung einer bewegungstherapeutischen Förderung krebskranker Kinder und Jugendlicherin Bezug auf ihreRehabilitation und Reintegration. Die Ergebnisse stelleneinen wichtigen Schritt für die Verbesserung der Versorgungsstruktur dar, zeigen jedoch auch weiteren Forschungsbedarf auf.

Summary of the doctoral thesis
Background: Improvements in survival rates in pediatric oncology have resulted in a growing survivor population. Although imperative for recovery, childhood cancer survivors may experience long-term consequences due to their cancer and its treatments. These may include impaired physical functioning and reduced physical well-being. Consequently, research now focuses on the role of physical activity in mitigating these adverse effects. Although studies cumulatively show evidence of the feasibility and efficacy of exercise interventions, scarce data is available in terms of group-based exercise programs for childhood cancer outpatients. Given a cancer diagnosis during childhood interrupts physical, psychological, and social participation, group activities may be specifically important for this group.
Methods: A series of studies was conducted to determine, describe, and develop an appropriate intervention for the physical and psychosocial deficits that exist for young cancer outpatients. First, a cross-sectional pilot study was conducted analyzing motor performance (MOT 4-6; DMT 6-18) and quality of life (KINDL®) of 26 childhood cancer outpatients. Second, a systematic review on exercise interventions in pediatric oncology was performed. Based on these results a group-based exercise program for childhood cancer outpatients has been developed. Third, a three-armed, prospective, explorative study was designed to evaluate the effects of this six-month, group-based, therapeutic exercise program on motor performance (MOT 4-6; DMT 6-18), physical activity levels (modified KiGGS-questionnaire), and quality of life (KINDL®). Childhood cancer outpatients aged 4-17 years exercised once a week over a six-month period (IG: n=20). Comparison groups included childhood cancer outpatients receiving care as usual (CG1: n=13) and healthy peers matched to the IG by age and gender (CG2: n=20). Fourth, a review of the literature on ankle dorsiflexion in childhood cancer patients and survivors, and fifth, a cross-sectional study analyzing ankle dorsiflexion range of motion (goniometer), gait (Microgate Optogait 2D Gait Analysis), walking efficiency (6-minute walk test), and motor performance (DMT 6-18) in a mixed childhood cancer cohort (n=13) after cessation of medical treatment in comparison to healthy peers (n=13) were performed.

Results: In the first study, specific motor deficits were identified in endurance, strength, and coordination under time pressure (6-17 years), as well as motor speed and motor control (4-6 years). No significant deficits were found in quality of life. The systematic review revealed that exercise interventions are feasible and effective. However, given the samples were comprised mainly of ALL-patients during medical treatment generalizability was limited. Overall, the current evidence in the field was rated evidence level „3“. The initiated six-month, group-based exercise program with once weekly training sessions provided significant positive effects in terms of motor performance, level of activity, and emotional well-being. However, the review on ankle dorsiflexion in childhood cancer populations and the cross-sectional study present significant deficits in ankle function, gait and walking efficiency suggesting this area should be a focus for future interventions.
Conclusion: This program of research found evidence of significant physical and psychosocial deficits in childhood cancer outpatients in the literature with cross- sectional studies confirming these impairments. A group-based therapeutic exercise program for childhood cancer outpatients may be a viable strategy to promote positive outcomes. Taken together the results highlight the crucial role of therapeutic exercise in terms of rehabilitation and recovery in pediatric oncology. The results hope to improve therapeutic care in pediatric oncology and provide the impetus to continue research in this field.
OriginalspracheDeutsch
ErscheinungsortKöln
VerlagDeutsche Sporthochschule Köln
Seitenumfang154
PublikationsstatusVeröffentlicht - 2015

Zitation